Iphigenie
(1992/93)
Dramma per musica
Text: Johann Wolfgang Goethe und Volker Braun
Co-Produktion Hebbel-Theater Berlin, Hans-Otto-Theater Potsdam und Brandenburgische Philharmonie UA Berlin ca. 80 min
(in Co-Autorenschaft mit Ralf Hoyer)
Uraufführung 18.6.1993 Hebbel-Theater Berlin
Susanne Stelzenbach, musikalische Leitung
Alexander Stillmark, Inszenierung
Hans Brasch, Bühne und Kostüme
Jeannot Bessière, Lichtdesign und -technik
Ralf Hoyer, Klangregie
Christian Deichstetter, Chöre
Werner Hintze, Dramaturgie
Elvira Dreßen, Iphigenie
Peter Zimmermann, Orest
Werner Kuske, Pylades
Hans Georg Priese, Thoas
Brandenburgische Philharmonie
Chor des Hans-Otto-Theaters Potsdam
Dieses zwischen Oper, Melodram und Schauspiel angesiedelte Stück verzichtet auf eine lückenlose Darstellung der Goetheschen Handlung. Vielmehr wird die Textgrundlage auf einzelne, wesentliche Begebenheiten und die Personage auf vier Figuren reduziert. Ein Chor, im antiken Sinne kommentierend, tritt hinzu. Doch nicht mit Worten von Euripides oder Goethe – sondern mit Ausschnitten aus dem 1991 entstandenen Text Iphigenie in Freiheit von Volker Braun, einem der herausragenden Autoren der ehemaligen DDR und Büchner-Preisträger des Jahres 2000.
Es geht auch in diesem Stück um Barbarei und Zivilisation, doch die Verhältnisse sind nicht so klar. Goethe selbst nannte seine Iphigenie in einem Brief an Schiller …ganz verteufelt human. Ist Thoas ein Barbar, wenn er sich moralisch nötigen lässt auf sein Recht zu verzichten und gegen Ende gar, obgleich zähneknirschend, zu wohlwollendem Abschied findet? Und kann man Orest zivilisiert nennen, wenn ihn – kaum von den Furien befreit – nach neuen Heldentaten dürstet? Allein Iphigenie ist edel, hilfreich, gut und zum Verrat nicht fähig. Doch die Behauptung dieser Güte angesichts der realen Verhältnisse, ob zu Goethes Zeiten oder jetzt, ist Provokation.
Wenn es bei Volker Braun heißt
…zwischen uns sei Wahrheit! wessen Wahrheit?, so ist dies auch eine Aufforderung, die Verhältnisse genauer zu besehen in einer Weise, die nichts vergisst, nichts beschönigt und dennoch Mut und Kraft zur Utopie besitzt.